26 Jul
26Jul

Endlich. Ich bin da. An der Brücke von Andau. Als Bauwerk nicht besonders eindrücklich. Als geschichtsträchtiger Ort schon. Bereits die sogenannte "Fluchtstrasse" - die schnurgerade rund 10km von der Brücke bis zur Ortschaft führt - lassen den ungarischen Flüchtlingsstrom von 1956 mit 70'000 Menschen im Geiste wieder aufleben. Viele Künstler haben die Strecke mit Skulpturen gesäumt, die alle an den niedergeschlagenen Volksaufstand in Ungarn erinnern sollen. Ich bin von da her gekommen.

Die letzten drei Tage vergingen wie im Flug. Entgegen den Prognosen schien mehrheitlich die Sonne. Und zwar heiss. Klar, es gewitterte auch häufig. Und zwar tüchtig. Ich traf meine Entscheidungen und Vorbereitungen für die Weiterreise. Und fuhr mit dem Rad die Gegend ab. Heute bin ich früh los. Es galt unbedingt, die 10 Uhr-Fähre zu erwischen. Ich schaffte es gerade noch als Letzter. Und weil ich diesmal gut vorbereitet war, konnte ich auch schöne Bilder vom Seeleben am Neusiedlersee und den Seehäusern in Rust knipsen. Jetzt ist es ein tolles Gefühl, um 13.15 Uhr bereits am Ziel zu sein. Obschon sich die Strecke als deutlich länger erwiesen hat als auf der Karte errechnet. Gesamter Hinweg etwa 65km.

Für den Rückweg wähle ich bewusst den Weg über Ungarn. Da keine Zollposten vorhanden sind gibt es auch keine Einschränkungen. Und der ungarische Radweg nach Wallern führt über den Damm des Einserkanals. Was eine Direttissima bedeutet und etwa 10km kürzer als der Umweg über Andau ist. Erstaunlich: schon zum zweiten Mal heute laufen mir dabei Fasane über den Weg.

In Wallern gibt's endlich Mittagspause. Mit einem bescheidenen Mittagessen und viel gespritztem Holler. Zum Abschluss ein Espresso und Cigarillo. Dann trete ich die Rückfahrt nach Illmitz an. Dafür wird es auch höchste Zeit. Der Himmel hat sich schwarz eingefärbt und es weht tüchtiger Gegenwind. Ich gebe Gas. Vielleicht ein bisschen zu viel. Wieder schaffe ich es zwar als einer der Letzten auf die Fähre. Nur heult dabei mein E-Bike Akku auf. Er meldet baldigen Leerstand. Ich muss aber von Mörbisch aus noch weitere 10km zum Camp fahren (hmm).

Kaum sind alle auf dem Schiff untergebracht, öffnet der Himmel blitzend und grollend seine Schleusen. Offensichtlich erschreckt sich der Kapitän derart, dass er die Fähre rückwärts in eine Sandbank setzt. Das kann ja heiter werden. Mit viel Vorwärts-Rückwärts-Seitwärts-Manövern schafft er es, den Kahn wieder frei zu kriegen. Allerdings läuft der Motor anschliessend nicht rund. Er stottert beträchtlich. Irgendwie ist Sand im Getriebe. Und siehe da: mitten auf dem See gibt er dann den Geist auf. Blubb. Das war's. Was der Kapitän macht, weiss ich nicht. Aber 5min später läuft das Teil wieder. Und schnurrt dabei wie ein Kätzchen. Ohne weitere Probleme landen wir in Rust an. Da geht ein anderes Theater los. Alle wollen so schnell als möglich zu ihrem Fahrrad und dem Regen entfliehen. Dabei stehen sie sich gegenseitig aber so im Weg, dass gar nichts mehr geht. Glücklicherweise steht mein Rad zuvorderst. Ich packe es und mache, dass ich davonkomme. Wie steht es schon in der Bibel: "Die Ersten werden die Letzten sein und die Letzten die Ersten!"

Auf den letzten 10km lasse ich den Motor meines E-Bikes nur noch auf Eco - der schwächsten Stufe - laufen (sonst jeweilen 1 Stufe höher). Mit würgen und ächzen schaffe ich es so knapp "nach Hause". Wieder einmal bin ich ko. Aber gesamthaft gesehen finde ich einfach: Spitze!

Übrigens: ich bin stolz darauf, in den letzten 13 Tagen hier am Neusiedlersee total nicht ganz 600 (589)km Fahrrad gefahren zu sein. Nun tönt ein Durchschnitt von rund 50km pro Tag zwar nicht unbedingt überwältigend. Aber man sei gnädig mit mir und bedenke: ich bin nicht mehr der Jüngste! Und es hat mir sehr gut getan.

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