Mein fahrbarer Untersatz für die nächsten 4 Monate ist ein Renault Clio, Jahrgang 1996. Angeboten von Töger als günstige Miet-Zugabe. Nicht gerade eine Luxus-Karrosse. Rumpelkiste trifft's wohl eher. Die aber überraschend gut unterhalten und für den Zweck durchaus genügend ist. Im steilen Gelände verfügt das Fahrzeug über einen starken Motor. Vorsicht ist dafür bei den etwas schmalbrüstigen Bremsen geboten.
Mein erster Fahrversuch führt mich in den Hafen von Funchal, wo ein günstig gelegenes Parkhaus steht. Anfänglich kein leichtes Unterfangen. Parkbucht und Ausfahrt sind eng und steil. Ein Fahrfehler würde schnell bestraft. Lenkung, Beschleunigung und Bremsen sind gewöhnungsbedürftig. Ich bin ja weiss Gott nicht der schlechteste Fahrer, aber zu Beginn bricht mir der Schweiss aus. Vor allem, wie es einfach gerade den Berg runter geht. Wie auf einer Achterbahn. Mit der Zeit gewöhnt man sich aber an alles. Und ich komme heil im Stadtzentrum an.
Ziele für heute sind die Hafenpromenade sowie der Mercado dos Lavradores (Markt der Arbeiter). Und natürlich das Anadia Einkaufscenter. Zuerst setze ich mich an der Hafenpromenade in ein Café und bestelle den üblichen Espresso (hier Bica genannt). Es ist wenig los. Und praktisch keine Touristen zu sehen. Auch im nahegelegenen Mercado fühlt man sich fast einsam. Kein Wunder, dass sich die Verkäufer regelrecht auf mich stürzen. Links und rechts kann ich die reichlich aufgelegten Tropenfrüchte degustieren. Spezielle Bananen aus einheimischer Produktion. Kürzer und dicker als bei uns, mit dünner Schale, die schnell braun wird. Dafür mit sensationellem Aroma. Mangos, Maracujas, Cherimoya und sonstige Annonen, Papaya, diverse Sorten von Granatäpfeln, Passionsfrüchten sowie Ananas usw.usf.. Nebst einer ganzen Tüte mit reichlicher Auswahl kaufe ich noch für eine Gemüsepfanne mit Huhn ein: Kartoffeln, Süsskartoffeln, Zwiebeln, Karotten und Pimpernelle.
Im Anadia-Center erstehe ich das zusätzlich notwendige Huhn sowie Adobo completo: eine hiesige Mischung aus Meersalz und verschiedensten Gewürzen. Und zusätzlich zu einem portugiesischen Rotwein natürlich auch noch Toner und Papier. Wieder zuhause wird der Drucker definitiv eingerichtet und danach gekocht. Der Eintopf schmeckt vorzüglichst. Zufrieden falle ich ins Bett. Auch heute schläft es wie von selbst.
Am nächsten Morgen holt mich wie vereinbart Töger für unseren fast schon üblichen 11 Uhr-Kaffee ab. Anschliessend führt er mich auf einen kleinen Stadtrundgang. Der mir helfen soll, mich im Zentrum anhand der wichtigsten Merkpunkte zu orientieren sowie etwas über die Geschichte von Funchal kennen zu lernen. Auf meinen Wunsch hin zeigt er mir zudem den grössten Teeladen (wo ich offenen Broken Assam kaufe) und das einzige Tabakwaren-Geschäft (daneben gibt es nur noch Kioske mit eher beschränkter Auswahl). Danach geht es nach Hause. Am Nachmittag geniesse ich die Sonne, am Abend den Fernseher. Plötzlich heftiges Klopfen am Fenster und Rütteln an der Tür. Ein aufgeregter Töger berichtet, dass bei ihm im ganzen Haus der Strom ausgefallen sei. Praktisch veranlagt wie er ist, legt er einfach eine Leitung von meinem Bungalow zu seinem Haus. Zur Not muss das genügen. Morgen früh wird dann der Elektriker das Problem lösen.