Der Super-Tag ist gekommen. Über ganz Madeira strahlt die Sonne am blauen Himmel. Bei 23 Grad. Ich will auf meine grosse Rundtour in den Nordwesten. Über Seixal und Ribeira da Janela nach Porto Moniz. Mit einer Rückfahrt über die Paúl da Serra.
Gewitzigt durch meine vorgestrigen Erfahrungen nehme ich zuhause noch einen Brunch ein. Um gestärkt nach Seixal aufzubrechen. Dort steuere ich den Miradouro do Véu da Noiva an. Diesen spaktakulären Aussichtspunkt mit Blick auf die steile Nordküste, die alte Küstenstrasse und den Wasserfall "Brautschleier", der ihm den Namen gab. Nach einem ersten Espresso und Cigarillo geht es dann weiter nach Ribeira da Janela zum Foz da Ribeira (Mündungsdelta). Wo im Meer ein erkalteter Vulkanschlot als schmaler Zacken himmelwärts ragt. Überhaupt bildet entlang der ganzen Küste erkaltete Lava bizarre Felsformationen.
Was denn auch zum Highlight von Porto Moniz geführt hat: den Piscinas Naturais. Aus natürlichen Felsbecken von schwarzem Lavagestein liess die Gemeinde auf 4000 Quadratmetern ein Bad errichten. Wobei die Zugänge durch Betontreppen vereinfacht wurden. Je nach Brandung schwappt frisches Meerwasser in die Becken. Eine grüne Flagge zeigt dabei an, dass Schwimmen möglich ist. Bei gelber Flagge ist in den Aussenbereichen Vorsicht geboten. Bei roter Flagge wird das Bad geschlossen. Ist Schwimmen nicht möglich, lädt die Ufer-Promenade mit ihren zahlreichen Cafés und Restaurants zum Verweilen ein. Die steilen Hänge im Hintergrund sind terrassiert. Hier wächst vorwiegend die Rebsorte Sercial, die den hochwertigen trockenen Madeirawein liefert. Auffallend sind die Zäune aus Besenheidegeflecht, die die Rebstöcke vor Wind und salzhaltiger Luft schützen. Jetzt sind eine zweite Bica und ein Bolo de Mel (Honigküchlein) fällig. In einem Café mit herrlicher Meersicht.
Der Rückweg führt mich erst mal steil bergauf. Auf unendlich vielen schmalen Serpentinen. Schliesslich will ich von null auf rund 1600müM. So hoch ist nämlich durchschnittlich die Hochebene von Paúl de Serra (Paulus-(Berg-)Kette). Unter Volllast schnurrt mein Motor wie ein Uhrwerk. Aber auf dazwischen liegenden ebeneren Strecken - wie z.B. einer wunderschönen Allee - beginnt er plötzlich zu mucken. Und ruckelt unangenehm vor sich hin. Es erinnert mich an vorgestern, wo auch die Batterieanzeige - zwar nicht aufleuchtete - aber über eine längere Strecke flackerte. Und der Wagen ebenfalls zuckelte. Weil sich dies damals mit der Zeit legte, schenke ich der Sache anfänglich wenig Beachtung. Oben angekommen finde ich mich in einer unberührten Natur wieder. Und in einer Landschaft, die an die Jura-Höhen erinnert. Allerdings mit einer völlig anderen Vegetation. Die sich durch alte Lorbeer-Bäume und blühende Ginster-Büsche auszeichnet. Sowie durch frei weidende Kühe, die dir auf der Strasse in kleinen Trupps entgegen trotten. Teilweise mit kleinen Kälbern, die hier offensichtlich in Mutter-Tierhaltung aufwachsen.
An einem Aussichtspunkt halte ich an, um ein Foto von oben herunter ins Tal der Ribeira da Janela zu schiessen. Wie ich wieder ins Auto steige und den Motor anlassen will, passiert - gar nichts. Não, nada, niente. Null Strom! Verdutzt betrachte ich die Anzeigen. Damit habe ich wirklich nicht gerechnet. Und erst noch mitten in der Pampa. Nach einigen Minuten und etwas Herumgeschiebe des Autos plötzlich wieder Licht am Ende des Tunnels, respektive auf der Anzeige. Sofortiger Restart und das Gelübde, den Motor von jetzt an bis nach Hause nie mehr abzustellen. Was sich recht gut anlässt. Überall, wo ich jetzt noch anhalte (z.B. um die Berge zu fotografieren), lasse ich einfach den Motor laufen. So komme ich an Rabaçal vorbei. Mit seinen Levada-Wegen (Wanderwege entlang von Wasserkanälen) zum "Risco-Wasserfall" und den "25 Quellen" der Besuchermagnet schlechthin hier oben. Was sich an den über 100 Autos, die auf dem Besucher-Parkplatz stehen, locker ablesen lässt. So langsam geht es wieder abwärts Richtung Encumeada-Pass. Einst der wichtigste Übergang der Insel von Nord nach Süd. Hier kann man aus 1000 m Höhe auf beide Seiten von Madeira blicken.
In einer Galerie zischt plötzlich Wasser über meine Frontscheibe. Spontan aktiviere ich die Scheibenwischer. Zack macht's - und wieder ist der Strom weg. Mitten in laufender Fahrt. Glücklicherweise geht es von hier aus erst mal bergab. So lasse ich halt mein Auto einfach rollen. Immer in der Hoffnung, dass sich alles schon wieder richte. Denkste. Im Tal muss ich leider feststellen, dass sich immer noch nix tut. Bei einer Art Grotto parkiere ich mein aufmüpfiges Fahrzeug und rufe Töger an. Einerseits um ihm die Sachlage mitzuteilen. Anderseits um mit ihm auszuhandeln, wie wir damit umgehen wollen. Dabei bringt er mich auf eine Idee. Zwar habe ich bereits die Klemmen an der Batterie angezogen, aber nicht daran gedacht, eventuell korrodiertes Material wegzukratzen. Also löse ich die Klemmen wieder, schabe an den Kontakten herum und ziehe die Klemmen wieder an. Siehe da: Abrakadabra, Simsalabim - das Auto benimmt sich, wie wenn nie etwas gewesen wäre! Und führt mich absolut problemlos wieder nach Hause. Sachen gibt's...